Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer und mit ihr der Eiserne Vorhang, der mitten durch Europa und mitten durch Deutschland verlief.
In diesen Tagen erinnern wir uns daran, dass vor 30 Jahren die größte Bedrohung der Nachkriegszeit friedlich zu Ende ging. Der Kalte Krieg, d.h. der Konflikt zwischen den Westmächten unter Führung der USA und den sog. Ostblockstaaten unter Führung der Sowjetunion, definierte sich wesentlich als Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus im Westen und Sozialismus bzw. Kommunismus im Osten. Auch wenn dieser globale Konflikt nie in seinem ganzen Zerstörungspotential ausgefochten wurde, gab es eine ganze Reihe sog. Stellvertreterkriege (z.B. Koreakrieg, Vietnamkrieg, Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan), die die permanente Bedrohungslage immer wieder deutlich vor Augen führten.
Der Ost-West-Konflikt nahm darüber hinaus dreimal äußerst bedrohlichen Charakter an, sodass die Möglichkeit eines „heißen“ Krieges zwischen den Supermächten näher rückte: in der Berlin-Blockade 1948/49, in der Kubakrise 1962 und im Streit um die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen in Europa und dem sog. NATO-Doppelbeschluss von 1979 bis 1982/83. Wäre es zum Ausbruch des 3. Weltkrieges wirklich gekommen, hätte das atomare Zerstörungspotential beider Supermächte dazu ausgereicht, die Menschheit fast völlig auszulöschen.
In der ersten Hälfte der 80er-Jahre wurde der Erweiterungsbau unserer Schule geplant und gebaut; hier befinden sich heute Unterrichtsräume für Kunst, Musik und naturwissenschaftliche Fächer. Der globalen Bedrohungslage wurde bei der Planung damals dadurch Rechnung getragen, dass im Untergeschoss dieses Gebäudetraktes insgesamt vier Bunkerräume gebaut wurden, die im Falle einer militärischen Konfrontation SchülerInnen und LehrerInnen im akuten Fall Schutz gewährt hätten. Um die Versorgung mit sauberer Atemluft zu gewährleisten, wurden leistungsstarke Lüftungsanlagen (siehe Bilder) installiert; Sanitäranlagen etc. waren zudem eingeplant. Allein die Tatsache, dass diese bauliche Maßnahme umgesetzt wurde, zeigt wie ernst die Gefahr eines 3. Weltkrieges damals wirklich war.
In diesem Zusammenhang muss man berücksichtigen, dass Hammelburg durch seine Nähe zur ehem. innerdeutschen Grenze von hoher strategischer Bedeutung gewesen war. Unweit von hier befand sich die NATO-Verteidigungslinie „Fulda Gap“ (Fuldaer Lücke), in der die NATO im Ernstfall die Invasion der Truppen des Warschauer Pakts erwartete. Die „Fulda Gap“ zog sich von Herleshausen über Fulda bis in die Nähe von Bad Neustadt, und damit in direkter Nachbarschaft zu unserer Schule. Glücklicherweise wurde aus dem „Kalten Krieg“ nie ein „heißer“. Vielmehr kam es im Jahr 1989 bzw. 1990 zur friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands und zur Beendigung des Ost-West-Konflikts.
Anlässlich des 350-jährigen Schuljubiläums in diesem Jahr erarbeiteten Schülerinnen und Schüler der Klasse 10a und 10b eine Führung durch unsere hauseigene Bunkeranlage, in der die historischen Hintergründe anschaulich erläutert werden. Viele Besucher nutzten bei unserem Schulfest zu Beginn des Schuljahres die Gelegenheit und nahmen an dieser Führung teil. Diese Ergebnisse wurden in den letzten Wochen aber auch für Unterrichtszwecke genutzt, und mehrere Klassen nahmen an dieser Führung durch unsere Bunkeranlagen teil (siehe Bilder).
Dieses Projekt zeigt, wie greifbar und nah die große Weltgeschichte manchmal sein kann...
Dr. B. Schlereth
Fachschaftsleiter Geschichte