Enrichment-Kurs der Main-Rhön-Akademie zu Gast am FGH

Dass das nunmehr vergangene Schuljahr unter starken Einschränkungen stattgefunden hat, ist wohl weithin bekannt. Der laufende Unterrichtsbetrieb wurde entweder im Distanz-, im Wechsel- oder im Präsenzunterricht durchgeführt. Von diesen Einschränkungen war auch das Programm der Main-Rhön-Akademie des Bezirks Unterfranken betroffen. Hierbei handelt es sich um ein zusätzliches Lernangebot für besonders begabte und leistungswillige SchülerInnen. Die Fachschaft Geschichte am FGH hat für dieses Programm einen Kurs zum Thema „Experimentelle Archäologie“ angeboten. Grundidee dieses Kurses ist es, die Verbindung von Theorie und Praxis auf ausgesuchte Problemstellungen aus der Vergangenheit anzuwenden, um hierdurch wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen.

Insgesamt 11 SchülerInnen verschiedener Gymnasien aus dem Raum Schweinfurt, Bad Kissingen und Bad Neustadt meldeten sich zu diesem Kurs, zwei SchülerInnen kamen vom FGH selbst. Aber leider, noch bevor die erste Präsenzveranstaltung durchgeführt werden konnte, machte Corona alle Pläne zunichte. In Zeiten der akut steigenden Inzidenzwerte wäre es nicht sinnvoll gewesen, SchülerInnen von verschiedenen Schulen aus der Region in einen Kurs zusammen zu führen.

Somit fand auch dieser Kurs im Distanzunterricht statt. Die Lernplattform Mebis diente zum Austausch von Materialien und Aufgaben, über MS-Teams fanden Videokonferenzen statt. Leider war dies aber nur ein kaum zufriedenstellender Ersatz für die Behandlung der geplanten Kursinhalte. Die klar praktische Ausrichtung des Themenbereiches der experimentellen Archäologie konnte somit nur theoretisch angesprochen werden.

Um so erfreulicher war es dann für alle Beteiligten, dass die Ausbreitung des Corona-Virus´ zunehmend gedrosselt werden konnte; Hygienepläne und konsequente Testungen halfen hierbei nicht nur am FGH. Eine entsprechend hohe Impfrate bot zusätzliche Sicherheit. Somit wurde am Ende des Schuljahres doch noch ein Präsenztreffen möglich, freilich trotzdem unter Hygieneauflagen.

Bei dieser Gelegenheit konnten natürlich nicht alle versäumten Lehrinhalte nachgeholt werden. Aber nach einer kurzen theoretischen Einführung – hierbei wurde die Bedeutung des Feuers für die menschliche Entwicklung ebenso angesprochen wie theoretische Grundlagen aus der Chemie und Physik – konnten die SchülerInnen nun endlich in „medias res“ gehen. Konkret bedeutete dies: Feuer machen wie ein Steinzeitmensch. Vorab wurde natürlich auch eine Sicherheitseinweisung durchgeführt, Schutzhandschuhe und -brillen verteilt.

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Nur mit Feuerstein, Pyrit oder Markasit (Gesteinsarten mit sehr hohem Eisenanteil) und Zunderschwamm/Zunderspäne ausgestattet sollten die jungen ForscherInnen nun Feuer machen. Was auf den ersten Blick einfach aussieht, stellte sich schnell als sehr schwierig heraus. Die Fähigkeit, Feuer zu machen, war in der Steinzeit und lange darüber hinaus eine überlebenswichtige Notwendigkeit für den Menschen. Feuer spendet Licht und Wärme, dient der Zubereitung von Nahrung, der Abwehr von Fressfeinden, dient als Waffe und als Kultobjekt etc. Somit erkannten die SchülerInnen nachdrücklich, dass der Umgang mit Feuer gerade in der Vergangenheit definitiv kein Spiel war und bis heute nicht ist.

Bild 4Am Ende – allerdings unter zur Hilfenahme von modernen Werkzeugen (= Feuerstahl) – gelang es schließlich doch allen, ein kleines Feuer zu entfachen. Dieses Experiment lief natürlich unter hohen Sicherheitsauflagen – feuerfeste Unterlage, Schutzausrüstung, Feuerlöscher etc. standen stets bereit.

Im Anschluss daran widmeten sich die TeilnehmerInnen der Herstellung von Steinwerkzeugen. Auch diese Fertigkeit stellt eine wesentliche Voraussetzung in der menschlichen Entwicklung dar. Wie weit wäre der Mensch denn gekommen, ohne immer weiter verbesserte Werkzeuge? Angefangen hat es vermutlich mit der Verwendung von Stöcken und Steinen, die frühe Vorfahren des modernen Menschen einfach in der Natur fanden. Das erste ausgearbeitete Werkzeug, das zudem noch Jahrtausende lang in Gebrauch blieb, war der Faustkeil aus Stein.

In der Technik des Steinschlagens zur Perfektion zu kommen, ist noch um einiges schwieriger als die Kunst des Feuermachens zu beherrschen. Auch hier wurden wieder zunächst theoretische Grundlagen aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen erklärt, notwendige Techniken anschaulich besprochen und vorgeführt, Sicherheitshinweise nachdrücklich definiert. Zur Verdeutlichung, wie ein Endprodukt aussehen könnte, wurden Exponate aus einer Ausstellung der Fachschaft Geschichte zur Verfügung gestellt.

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Am Ende konnte jede/r TeilnehmerIn ihr/sein eigenes Steinwerkzeug mit nach Hause nehmen. Ob diese allerdings einem Praxistest standgehalten hätten, bleibt fraglich… Wie gesagt, die Kunstfertigkeit, Werkzeuge aus Materialien herzustellen, die in der freien Natur zu finden sind, und dies ohne Hilfe moderner Maschinen und Werkstoffe, ist eine große Herausforderung. Um so mehr lernt der moderne Mensch, die Leistungen seiner – vermeintlich – unterentwickelten Vorfahren zu würdigen. Auch dies ist ein wesentliches Ziel dieses Kursangebots…

Dr. B. Schlereth, StR – Fachschaftsleiter Geschichte am FGH